Montag, 1. November 2010

Dilma Rousseff: Die (evangelikalen) Kirchen als Schiedsrichter

Jetzt hat sie es also doch noch geschafft. Dilma Rousseff ist die neue Präsidentin der Grossmacht Brasilien und damit eine der mächtigsten Frauen der Welt. Langfristig spielt es keine Rolle, dass sie überraschend in einen zweiten Wahlgang gezwungen wurde. Wegweisend ist aber, WARUM sie in den zweiten Wahlgang musste: Wegen den konservativen neuen Kirchen, den (protestantischen) Evangelikalen, die man bei uns als "fundamenatistisch-christlich" bezeichnen würde.

Kurz vor dem Ende des Wahlkampfes hatten christlich-konservative eine aggressive Kampagne gestartet: Dilma Rousseff sei nicht wählbar, weil sie vorhabe, den bis heute in Brasilien von Gesetzes wegen verbotenen Schwangeraschaftsabbruch zu legalisieren.
Die Kirchen finanzierten eine äusserst unappetitliche PR-Kampagne mit zerstückelten Babies, und die Pastoren riefen die Gläubigen in ihren Predigten und TV-Shows auf, nicht für die linke Kandiatin der Arbeiterpartei zu stimmen, sondern für den konservativen Kandidaten, José Serra.
Sogar der Papst, dem die Schäfchen zur Zeit auch in Brasilen in Massen zu den (protestantischen) Evangelikalen davonlaufen, hat noch versucht auf den PR-Zug der Fundamentalisten aufzuspringen: Der Schwangerschaftsabbruch sei "ein Verrat an der Demokratie".

Weil aber viele der Gläubigen ihre Stimme nicht einem rechten Kandidaten geben wollten, haben sie im ersten Wahlgang für Marina Silva gestimmt. Nicht wegen ihren grünen Positionen, sondern weil sie einer evangelikalen Kirche angehört.Weil Marina Silva in der Stichwahl nicht mehr antreten durfte und vor allem weil Dilma Rousseff öffentlich mehrfach feierlich erklärte, sie habe nicht vor, den Schwangerschaftsabbruch zu legalisieren, wurde die Kandidatin des scheidenden Über-Präsidenten Lula da Silva jetzt also doch gewählt.

Die evangelikalen Kirchen und ihre erzkonservativen Prediger müssen damit zu den grossen Siegern in Brasilien gezählt werden. Sie haben klar gemacht, dass man künftig ohne sie - oder gar gegen sie -  in Brasilien keine Politik machen kann.
Für Dilma Rousseff, die Hoffnungsträgerin der Frauen und der Linken, eine bittere Pille: Ihr sind ausgerechnet in der für die soziale Entwicklung des Landes so wichtigen Frage der Abtreibung, die Hände gebunden.
Für die Welt ist es ein Schrecksignal. Brasilien ist nicht irgendwer, sondern vermutlich DIE Vorbildmacht im globalen Süden. Ohne die (religiös-) Konservativen geht nichts.

Ach ja. zu den evangelikalen Wahlsiegern gehört auch Fussballstar Kakà. Er ist einer der vielen reichen Geldgeber einer der grössten evangelikalen Kirchen, die Igreja Renascer.

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